"Meine Lebensgeschichte zeigt, wie wertvoll eine solide Ausbildung ist"– Ramzi Lazali, Bauunternehmer
Nachgefragt: Im Jahr 2014 legte Ramzi Lazali mit 49 Jahren seine Meisterprüfung ab, damals gefördert durch das AFBG. Wir wollten wissen, was aus seinem Traum geworden ist, als eigener Chef erfolgreich zu sein. Schön zu hören, dass es geklappt hat.
Herr Lazali, wie geht es Ihnen, wenn Sie Ihr Aufstiegs-Video von damals sehen? Sind Sie wehmütig? Stolz? Schließlich kamen Sie als Flüchtling nach Deutschland und haben sich etwas erarbeitet.
Ramzi Lazali: Wehmütig insofern als das ich denke, wie schnell die Zeit vergeht. Ein bisschen Stolz verspüre ich schon, schließlich musste ich Ausdauer und Fleiß beweisen, ich war ja nicht mehr der Jüngste, als ich damals losgelegt habe. Aber vor allem bin ich dankbar. Dankbar dafür, dass der Staat mich gefördert hat. Durch das Aufstiegs-BAföG konnte ich mich voll aufs Lernen konzentrieren, ich musste mir in finanzieller Hinsicht keine Sorgen machen. Dass man so toll unterstützt wird mit attraktiven Zuschüssen, günstigen Krediten und guten Rückzahlungskonditionen - ich glaube, das gibt es nur in Deutschland.
Damals haben Sie gesagt, ich will nicht mehr Hilfsarbeiter sein, sondern mein eigener Chef. Sie haben sich bereits 2009 selbstständig gemacht. 2012 haben Sie beschlossen, die Meisterausbildung im Maurer- und Betonhandwerk zu absolvieren.
Ramzi Lazali: Ich hatte größere Pläne als einen Ein-Mann-Betrieb. Bevor ich nach Deutschland kam, wurde ich als Maschinenbau-Ingenieur ausgebildet. Mit der Meisterausbildung, die ich übrigens vor einigen Jahren auch noch mit dem Zimmerermeister komplettiert habe, kann ich viel größere Leistungen anbieten. Mit meinem Bauunternehmen bin ich vorwiegend im Hochbau tätig, wir bauen meist Ein- und Zweifamilienhäuser, in der Regel für private Kunden. Es ist ein kleines Unternehmen, mit mir sind wir fünf Personen, unsere Auftragsbücher waren bislang voll. Ich finde es gut, so eine kleine Firma zu haben und als Chef selbst mitanzupacken. Das mögen die Kunden gerne, ich bin ja immer als Ansprechpartner vor Ort. 2019 sah die Perspektive für 2020 super aus, es gab lokale Firmen, die mit uns Erweiterungsbauten planten. Ich konnte sogar zwei Jungen hier aus dem Ort Ausbildungslätze zusagen.
Und dann kam Corona…
Ramzi Lazali: Das Virus hat uns auch erwischt. Beziehungsweise erst unsere Kunden und damit auch uns. Die lokalen Firmen, eine Autowerkstatt und ein Kleidungsgeschäft, mussten Corona-bedingt ihre Baupläne auf Eis legen. Uns wurde von heute auf morgen abgesagt. Ich musste Kurzarbeitergeld beantragen, sehe aber zu, dass ich für meine Leute den Lohn aufstocken kann.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie denn in die Zukunft? Sind Sie in Sorge?
Ramzi Lazali: Ich bin schon realistisch, das Coronavirus bringt eine gewisse Unsicherheit mit. Trotzdem bin ich zuversichtlich, sicherlich weil ich über eine positive mentale Grundausstattung verfüge. Mit meiner Lebenserfahrung weiß ich, dass, wenn sich irgendwo eine Türe schließt, sich woanders wieder eine Türe öffnet. Mir macht auch Mut, dass meine Firma hier in Ostfriesland Solidarität erlebt. Ich habe Kunden gegenüber offen kommuniziert, dass wir eine schwere Zeit haben. Nun ist es so, dass einige Bauvorhaben, die erst für das kommende Jahr geplant waren, vorgezogen werden. Langsam sehe ich Sonne am Horizont.
Das heißt, Sie konnten wie geplant Ihre Zusage an die beiden Auszubildenden einhalten?
Ramzi Lazali: Scheitern ist für mich keine Option, ich blicke nach vorne und halte mein Wort. Mit meiner Flucht- und Lebensgeschichte weiß ich, wie wertvoll eine solide Ausbildung ist – ich selbst wollte nie nur eine Hilfskraft sein. Zudem macht es mir Spaß, mein Wissen weiterzugeben und für den Fachkräfte-Nachwuchs in Deutschland zu sorgen. Dann habe ich das Gefühl, ich kann ein bisschen etwas zurückgeben.